Masuren: polnisch für Anleger

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Im Hafen in Giżycko- Masuren

Wenn Sie noch nie in Polen waren und gerne Boot fahren, sollten Sie mal mit einem Hausboot urlaub auf der Masurischen Seenplatte die Masurische Seenplatte erkunden. Es lohnt sich (auch fürs Portemonnaie)…

Im Sommer hat das Ganze was von Ibiza. Die Sonne scheint, wir schippern mit unserem weißen Sportboot die Küste entlang, sehen glasklares Wasser, endlos blauen Himmel. Viva España? Von wegen! Ahoi, Polsko! Wir sind auf der Masurischen Seenplatte, einem der schönsten Naturschutzgebiete Europas.

Mehr als 2700 Seen gehören dazu, der größte von ihnen – der Spirdingsee (Jezioro Sniardwy) – ist mit 114 Quadratkilometern nur wenig größer als unsere Müritz in Meck-Pomm. Das ganze Gebiet liegt im Nordosten Polens, 40 Prozent stehen unter Naturschutz. Silberreiher, Seeadler und Wildpferde sind hier zu Hause – und wir mit einem unserer Sportboote mittendrin. Vorweg an dieser Stelle: Bitte keine Angst ums Federvieh! „Sportboot aus Stahl, Typ Kormoran 1140“, wie es in den Bootspapieren steht, schafft mit seinen 62 PS gerade mal 12 km/h. Da bleibt genug Ruhe, um die Höckerschwäne zu beobachten – und umgekehrt.

Unsere Tour verläuft vom Niedersee (Ruciane-Nida) im Süden bis nach Angerburg (Wegorzewo) im Norden.

Lächerliche 60 bis 70 Kilometer sind das per Luftlinie, aber unser weißer „Kormoran“ gleitet gemächlich über die See(n) – und wir genießen unser ganz persönliches Polen für (Boots-)Anleger.

Anreise: Am besten per Auto (z. B. ab Berlin ca. 700 km) oder per Flugzeug nach Warschau, von dort weiter mit Mietwagen (ca. 300 km).

In Popiellnen (Popielno) mit seinen uralten Holzhäusern machen wir Halt und streicheln die handzahmen Tarpan-Wildpferde. Bei den dicken Wisenten bleiben wir auf Abstand: Die europäischen Bisons bringen locker 400 bis 500 Kilo auf die Waage . . .

Der nächste Halt ist Nikolaiken (Mikolajki, 3800 Einwohner), auch „masurisches Venedig“ genannt. Es ist das touristische Zentrum Masurens, glänzt mit großem Jachthafen, Hotels und Cafés. Unser Boot steuert durch den Grünewaldkanal (Grunwaldzki) direkt in die Stadt. Weil heute die Kombüse kalt bleibt, bestellen wir uns radebrechend in einem Terrassen-Restaurant einen Zander. Den besten und billigsten Fisch der Reise: Mit Getränk und Trinkgeld verlangt die Wirtin 150 Zloty, rund 7,50 Euro pro Person.

Nach dem Essen ist Zeit für etwas Geschichte:

In Steinort (Sztynort) am Dargeinen-See (Jezioro Dargin) begegnet sie uns in Form von Ruinen. Am ausgebauten kleinen Hafen steht das einst feudale Herrenhaus des Nazi-Widerstandskämpfers Graf Lehndorff. Rund 15 Kilometer entfernt liegt die Wolfsschanze. Hier, in einem Waldgebiet, verübte Graf Stauffenberg am 20. Juli 1944 sein leider mißlungenes Attentat auf Adolf Hitler. Im Januar 1945 wurde die Bunkeranlage in die Luft gejagt. Die bis zu acht Meter dicken Betonwände liegen noch heute herum. Fremdenführer leiten ihre Gäste durch die Ruinen, nehmen für einen Rundgang (eine Stunde) knapp 13 Euro.

Vorurteile gegen Deutsche sind trotz schwarz-rot-goldener Flagge auf dem Boot nicht zu spüren. Im Gegenteil: Die Polen grüßen freundlich und erfreuen sich am Anblick unseres schwimmenden Zuhauses. Das Boot bietet bis zu acht Gästen Platz, hat zwei Nasszellen und eine Badeplattform mit Leiter. Von dort aus kann man bequem ins Wasser steigen und eine Runde mit seinem Essen schwimmen. Leider treffen die kleinen Rotaugenfische, die wir als Köder benutzen, nicht ganz den Geschmack unserer Beute. Erst auf der Rückfahrt hängt der erste Aal am Haken. Eine Angelerlaubnis kostet für fünf Tage etwas über 20 Euro.

Aber wer denkt nach einer solchen Seefahrt, dem Anblick von Wildpferden, Seeadlern oder frischem Fang noch an Geld? Oder gar an Ibiza? Die Erholung zählt – und die ist in Masuren unbezahlbar.

Aus: „Bild am Sonntag“

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